Aktuelle DDR-Vergleiche #25 — Deutschland

Schon gemerkt? Wir leben in einem Land, dass der DDR durchaus ebenbürtig ist. Nein, es geht nicht um die umfassende Überwachung durch Geheimdienste, mit solchen Kleinigkeiten gibt sich ein Horst Seehofer schließlich nicht ab. Er setzt gleich auf das große Kaliber und nutzt die DDR-Keule schlechthin:

„Es ist eine Herrschaft des Unrechts“

sagte Seehofer in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse am 10. Februar — und meint damit die Einreise von Menschen, die nach Deutschland flüchten. Bislang war diese Wendung der CSU-Name für die DDR, die ja bekanntermaßen ein Unrechtsstaat war, in der halt das Unrecht herrschte.

Sapperlot! Und jetzt auch in Deutschland! „Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung“, schluchzt der Bayer.

Stimmt das? Ich habe heute den Selbstversuch unternommen. Und bin enttäuscht! Gleich zweimal bin ich in der Bahn kontrolliert worden! Wo ist der Unrechtsstaat, wenn man ihn mal braucht?

Deutsche demografische… 1

es sind die kleinen kleinigkeiten. auf tagesschau.de gab es gerade einen artikel zu „Bevölkerungsstatistik: Deutsche bekommen immer weniger Kinder“. nun ja, demografie halt. und was steht da drin, was in diesem blog interessiert? dies hier:

Noch nie sind in Deutschland weniger Babys geboren worden als im vergangenen Jahr. Gerade einmal 663.000 Kinder kamen 2011 zur Welt — 15.000 weniger als noch ein Jahr zuvor. […] Zum Vergleich: 1964 wurden in Deutschland noch knapp 1,4 Millionen Babys geboren. Seitdem sinkt die Geburtenrate stetig.

was für zahlen werden da eigentlich verglichen? fällt das niemandem auf? ich weiß, liebes tagesschau.de: es hieß 1964 (bundesrepublik) deutschland und es heißt heute, 2012, (bundesrepublik) deutschland. aber, liebes tagesschau.de, es ist dennoch seit ende 1990 ein anderes land. nicht in nur in sachen demografie, aber dahingehend doch zweifelsohne?

Am Beispiel der Kanzlerin

Sie, Frau Bundeskanzlerin, wissen, was es heißt, sich eine Gesellschaft erst erschließen zu müssen. Wenn man so will, sind Sie auch ein Mensch mit Migrationshintergrund.

W. Michael Blumenthal, Direktor des Jüdischen Museums Berlin, verleiht am 24.10.2011 den „Preis für Verständigung und Toleranz“ an Angela Merkel (Beitrag auf dradio.de)

Die deutsche Bundeskanzlerin hat einen Lebenslauf, der in kein Schema passt: Sie wurde 1954 in Hamburg geboren, aber ihre Familie zog wenige Wochen später mit ihr in die DDR. (Normalerweise hätten sie aus der DDR flüchten müssen.) Ihr Vater war Pfarrer bei Perleberg. (Normalerweise hätte dies ein anderer Beruf sein müssen, da es keine Gläubigen in der DDR gab.) Sie erlangte den Doktorgrad der Physik. (Normalerweise hätte sie dafür in der SED sein müssen; zumindest war sie in der FDJ aktiv — in welcher Funktion, darüber wird immer noch gestritten.) Nach der Wende wurde sie überraschend zur Bundesministerin für Frauen und Jugend. (Normalerweise hätte sie über Jahre ihre Kompetenz in der Partei beweisen müssen, denn im Westen Deutschlands wurde im Gegensatz zur DDR nach Qualifikation geurteilt.)  Und schließlich wurde sie Bundeskanzlerin. (Normalerweise hätte sie dafür eine westdeutsche Biographie vorweisen und ein Mann sein müssen.)

(Biographische Angaben nach Wikipedia)

Angela Merkel zeigt also, dass der amerikanische Traum auch im vereinigten Deutschland gilt: Du kannst als Tellerwäscher bzw. Ostdeutsche_r alles erreichen, wenn du es nur willst.

Das wäre zumindest eine Theorie. Die andere lautet: Ausnahmen bestätigen die Regel.

deutschlandkarten aus berliner sicht 3

es gibt eine ganze reihe von landkarten, die eine bestimmte geografisch-politische region aus der angeblich selbstzentrierten sicht vermeintlicher zentrums-bewohner_innen darstellen. das New Yorker Cover mit der welt von der 9th avenue in manhatten aus gesehen, ist vielleicht die bekannteste dieser karten.

ich bin heute auf eine reihe von karten gestoßen, die deutschland (und angrenzende länder) „aus berliner sicht“ darstellen. besonders aufgefallen ist mir dabei eine karte (in zwei versionen), die die frühere grenze zwischen ddr und brd zur abwechslung mal NICHT berücksichtigt. im graphitti-blog findet sich deutschland aus sicht der berliner und im blog von linus neumann eine variante davon. in beiden karten gehört das bundesland thüringen zu den „nordschwaben, die unsere mieten hochtreiben“ und, im fall der graphitti-blog-karte, nicht zum ach so grauen „berliner umland“. 

eine abwandlung dieser karte hat georg jähnig auf seiner seite: deutschland aus berliner sicht. hier sind alle ost-bundesländer (und natürlich kein west-bundesland) mit „nazis“ beschriftet worden, nur thüringen nicht. 

ist das subversiv oder nur (west)berlinzentrische ignoranz?