Ehemalige verharmloste DDR, ostdeutscher Zoo, Podcasts, Einheit ohne Ostdeutsche

„Ehemalige“ DDR?

Beim Deutschlandfunk kritisiert Henry Bernhard die Formulierung „ehemalig“. Sie werde in den Medien oft falsch verwendet, insbesondere aber in Bezug auf die DDR:

Im Bezug auf die DDR ist die falsche Formulierung besonders häufig. Niemand spricht dagegen vom „ehemaligen Dritten Reich“, vom „ehemaligen Kaiserreich“ oder vom „ehemaligen Römischen Reich“.

Zum Thema „ehemalige DDR“ hatten wir hier bereits 2011 geschrieben.

DDR-Verklärung beenden

Beim Deutschlandfunk ruft Christoph Richter dazu auf, kritisch auf die DDR-Geschichte zu schauen — und das vor allem als Generationengespräch. Er beobachtet eine Verharmlosung der damaligen repressiv-autoritären Zustände:

Und es ist schon einigermaßen verwunderlich, dass unter Ostdeutschen Bücher Konjunktur haben, die die DDR verklären. Wie eine Decke, unter der man behaglich kuscheln kann. Und das ist bizarr – gerade vor dem Hintergrund, dass nach einer aktuellen Studie sich zwei Drittel der Ostdeutschen nach autoritären Strukturen wie in der DDR sehnen, mit der Demokratie fremdeln, sich eine „völkische Gemeinschaft“ wünschen.

Um zu verstehen, wie das repressive staatliche SED-Regime bis heute nachwirkt, muss das Schweigen über das alltägliche Leben in der DDR gebrochen werden. Und das können die Ostdeutschen nur selbst tun. Spätestens jetzt: 33 Jahre nach der Wiedervereinigung.

Ostdeutschland als Zoo

In der Berliner Zeitung schreibt Anja Reich darüber, wie sie aktuelle Debatten zwischen Ostdeutschen wahrnimmt. Und auch einen westdeutschen Blick beschreibt sie:

Ich wurde das Gefühl nicht los, das ich oft bei Reportagen über den Osten bekomme: Ich nehme an einer Zooführung teil. Dem westdeutschen Publikum wird erklärt, was mit den Ostdeutschen nicht stimmt. Warum sie zwar die gleiche Sprache sprechen, aber seltsame Dinge sagen. Wie eine Spezies, die es zu erforschen, aber auch zu zähmen gilt, weil sie gefährlich werden könnte.

Ich stelle mir dann manchmal vor, es wäre andersherum: Ein westdeutscher Sportreporter befragt seine Landsleute in Sindelfingen oder Buxtehude, um herauszubekommen, wie sich der Kalte Krieg auf deren Amerika-Bild ausgewirkt hat, warum sie zusehen, wie die USA Kriege führen wie im Irak, die sie „Militäroperationen“ nennen. Aber der Zooblick ist immer nur auf den Osten gerichtet.

Ostdeutschland in den Medien: Zwei Podcasts

Der Medienpodcast quoted (von CIVIS und der Süddeutschen Zeitung) spricht mit der Medienwissenschaftlerin Mandy Tröger darüber, wie ostdeutsche Bundesländer medial dargestellt werden und was sie dabei vom Saarland unterscheidet.

„SWR aktuell“ spricht im Podcast mit der eigenen Chefin: Marieke Reimann ist Zweite Multimediale Chefredakteurin beim SWR und stammt aus Rostock. Sie meint: „Wir Medien sollten anders über Ostdeutschland berichten“.

Der Wessi der Woche

Der Wessi in dieser Woche ist gleich eine ganze Feier. Denn: Wer hat da denn nicht aufgepasst? Die Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit fanden in diesem Jahr in Hamburg statt. Politik, Prominenz und Party, alle da. Falle alle außer: Ostdeutsche. Ulrike Nimz legt bei der Süddeutschen Zeitung den Finger in die Wunde.