Die demaskierten Ostdeutschen 1

Typisch „Die Zeit“: Da reist der Autor Tuvia Tenenbom durch ganz Deutschland, veröffentlicht seine Erfahrungen in dem Buch „Allein unter Deutschen“ — und im Interview mit der Wochenzeitung geht es fast nur um Ostdeutschland. Sie möchte ihren Leserinnen und Lesern offenbar wieder einmal dieses Land näher bringen, das so anders ist als die ihnen so vertraute Bundesrepublik. Oder, wie Tenenbom meint:

Ostdeutschland ist besonders.

Im Interview geht es denn auch in erster Linie darum, diese Besonderheit zu erklären: Wie sind sie so, die Ossis? Und warum sind sie so nostalgisch und unzufrieden? Tenenbom erzählt vom ostdeutschen Humor und resümiert aus seinen Beobachtungen:

Die Menschen sind stolz auf ihre Herkunft – und schämen sich gleichzeitig dafür, in der DDR geboren zu sein.

Dass es in seinem Buch um mehr geht, als den Volksstamm der Ostdeutschen anthropologisch einzuordnen, kommt nur am Rande vor. Der ständig vorhandene und latente Antisemitismus in Deutschland wird etwa nur gestreift:

Die Ostdeutschen sind nicht antisemitischer als die Westdeutschen, sie setzen nur schneller ihre Maske ab.

Aber wie so oft wählt „Die Zeit“ den sicheren Weg: Bevor man sich selbst — und man selbst ist natürlich westdeutsch — von außen betrachtet, schaut man doch lieber auf den Osten. Das ist eben lehrreich und lustig zugleich und birgt nicht die Gefahr, unrühmliche Dinge zu entdecken.

ost-namen ausklammern? 2

in der zeit gab es kürzlich einen artikel zu

Ost-Namen: Was soll das heißen? Namen wie Peggy oder Denny verraten mehr, als ihren Trägern lieb ist. Erfolgreich werden kann man damit trotzdem.

in den kommentaren zum artikel wurde schon einiges doofes und schlaues gesagt. unter anderem, dass der name kevin, der im artikel als „ost-name“ genannt wird, doch eher kein „ost-name“ sei — zumindest nicht in dem sinne, wie peggy und sandy „ost-namen“ sind.

mir ist der kevin auch als falsch aufgefallen.

und ich denke am kevin offenbart sich, was das stigma von „ost-namen“ unter anderem ausmacht: sie werden nicht nur als typische namen einer bestimmten DDR-generation wahrgenommen und als solche abgewertet sondern zugleich auch als namen, die vermeintlich unterschicht anzeigen.

so gedacht, erklärt sich dann auch die blödsinnige behauptung, dass menschen, die sandy heißen, trotzdem beruflichen erfolg haben können. ost-name = unterschicht = nicht erfolgreich… nun ja.

ich habe übrigens auch so einen „ost-namen“, der allerdings im artikel nicht vorkommt. (vielleicht, weil mein name nicht als unterschicht eingelesen wird?) und ich überlege gelegentlich, ob mein gegenüber meinen namen als „ossi-marker“ liest oder nicht und in welcher schublade ich dann lande. die frage:

Will ich über meine Identität sprechen – oder kann ich sie ausklammern?

stellt sich dann nämlich gar nicht erst. mein name zeigt meine herkunft an. (und das finde ich meistens ok.)

Aktuelle DDR-Vergleiche #1 — Träume

Die gesellschaftlich aufgezwungenen Vorstellungen vom „richtigen Leben“ und von der „richtigen Liebe“ können sich in diesem Vakuum zu einer persönlichen Ideologie aufblähen. Die davon Besessenen klammern sich an ihre Träume wie Erich Honecker an die Idee vom Sozialismus, während das Leben unter ihnen zusammenbricht.

 „Hoffen, warten, runterschlucken“, Zeit Online, 30.07.212

Vielen Dank an Mareen für den Hinweis!