Aktuelle DDR-Vergleiche #27 — Open Access

„Als Open Access wird der freie Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und anderen Materialien im Internet bezeichnet“, so heißt es bei Wikipedia. Aber ist das gut? Den Boxring betreten zwei Kontrahenten:

Auf der einen Seite: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verfolgt eine Strategie, um Open Access zu unterstützen — es soll fester Bestandteil jeder Förderung werden. In einem Interview mit der Welt verweist Ministerin Johanna Wanka auf ihre Herkunft aus der DDR:

Sie wissen, wo ich herkomme? Aus dem Osten, also einer unfreien Gesellschaft. Bücher waren für uns das Tor zur Welt. […] Kunst und Kultur haben für die Menschen in einer Diktatur einen hohen Stellenwert, mitunter höher noch als in einer offenen Gesellschaft. Für den wissenschaftlichen Bereich war es nicht einfach, Fachliteratur aus dem nichtsozialistischen Ausland zu bekommen.

Auf der anderen Seite: Der Literaturwissenschaftler Roland Reuß gehört als Mitinitiator des „Heidelberger Appells“ zu den Gegnern von Open Access. In der FAZ kritisiert er die Open-Access-Strategie des BMBF — und verweist ebenfalls auf die DDR:

Die publikationsbegleitende Audienz, die Bildungsministerin Wanka der „Welt“ in Gestalt eines Interviews gab, lässt diesbezüglich tief blicken. Es handelt sich um ein schwer goutierbares Ragout aus krud neoliberalen Vorstellungen von Wissenschaftsmärkten („Monitoring“ darf, natürlich, nicht fehlen), virtueller DDR 5.0 (mit Enteignung der geistigen Produktion) und Staatsautoritarismus wilhelminischer Anmutung.

Es sind Momente wie diese, in denen ich ein wenig verwirrt bin. Ist Open Access nun gut, weil es nicht wie die DDR ist? Oder schlecht, weil es wie die DDR ist?

Oder noch viel wichtiger: Was hat Open Access überhaupt mit der DDR zu tun?

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