Frisch aus den Medien: Drei aktuelle Beiträge zur Darstellung und Wahrnehmung Ostdeutschlands in der Öffentlichkeit.
Weiter wenig Ost-Eliten
Der Bund hat einen neuen „Elitenmonitor“ veröffentlicht. Er zeigt: Es gibt kaum Ostdeutsche in den Eliten. Die Tagesschau berichtet:
So beträgt der Anteil gebürtiger Ostdeutscher an der Gesamtbevölkerung — wenn man Berlin als Geburtsort einrechnet — rund 20 Prozent, in den Eliten aber nur 12,2 Prozent. Am höchsten ist der Wert noch in der Politik, wo es 20,9 Prozent sind. Doch schon im Bereich Verwaltung finden sich nur 14 Prozent Ostdeutsche in Spitzenpositionen. In den Medien und der Wissenschaft sind es sogar jeweils nur rund 8 Prozent, in der Wissenschaft 4,3 Prozent. „Frappierend“ nannte [Ostbeauftragter Carsten Schneider] den Wert für die Justiz: Er betrug 2,1 Prozent.
[Co-Autorin Astrid Lorenz] sah auch eine Verantwortung bei den Ostdeutschen selbst. „Es war ein gewünschter Elitenwechsel“, sagt sie über die Wende. Die Menschen in der DDR hätten sich von ihrem System befreien wollen. Auch seien Ostdeutsche als Teil der eigenen Landespolitik selbst für viele Karrierewege — etwa in der Wissenschaft — verantwortlich gewesen.
Lorenz’ Handlungsempfehlungen richteten sich allerdings vor allem auf jüngere Generationen: So sollten heutige ostdeutsche Studierende gezielter gefördert werden. Auch müsse man sie ermuntern, sich öfter selbst um Stipendien zu bewerben. Lorenz sagte auch mit Blick auf die jüngsten Ansiedlungserfolge in Ostdeutschland: „Es reicht nicht nur Unternehmen und Behörden im Osten anzusiedeln, sondern es braucht auch die Sensibilität bei der Personalbesetzung.“
In der Wirtschaft wiederum glaubt man nicht an einfache Lösungen. Lars Schaller, Geschäftsführer des Unternehmerverbands Sachsen, begrüßte zwar gegenüber tagesschau.de die Initiative des Bundes. Es sei wichtig, dass der Diskurs weitergeführt werde. Allerdings müsse es „eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema werden“.Die Frage nach konkreten Maßnahmen sei allerdings „nicht so einfach zu beantworten“, so Schaller. Würden sie von „von oben“ aufgesetzt, würden sie jedenfalls keine langfristige Veränderung bringen.
Ostdeutschland als Vorbild
Martin Ahrends, freier Autor und 1984 aus der DDR ausgereist, schlägt beim Deutschlandfunk vor, in Zeiten des Klimawandels von Ostdeutschen zu lernen:
In Ostdeutschland gibt es spezielle Erfahrungen aus der sozialistischen Mangelwirtschaft: nicht nur mit dem Verzicht auf Überflüssiges, auch mit dem sparsamen Einsatz von Rohstoffen und dem Recycling, mit der Reparatur und Nachnutzung von Industrieprodukten, mit dem kreativen Selbermachen und Improvisieren, mit dem Transport per Rad und Bahn – und mit der Naherholung.
Die Frage, was der Osten denn in die deutsche Einheit mitgebracht habe außer einer maroden Infrastruktur, diese Frage stellt sich neu, wenn es angemessene Formen gibt, die Zukunft gemeinsam zu erfinden.
Migrant*innen und die Wende
Am 30.09. auf SWR2 zum Hören: „Wie Migranten in der DDR die Wende erlebten“
Vor dem Fall der Mauer lebten in der DDR rund 200.000 Migrant*innen, darunter Vertragsarbeiter*innen aus den „Bruderstaaten“ Vietnam und Mosambik, Studierende und Asylsuchende, die wenig Kontakt zu Deutschen hatten. Während der Wende machten sie die Erfahrung, dass sie mit dem Ausruf „Wir sind das Volk“ nicht gemeint waren. Ihr rechtlicher Status blieb lange unklar, rassistische Übergriffe nahmen zu. Unter dem Motto „Auch wir sind das Volk!“ forderten einige schließlich Bürgerrechte und Bleiberecht ein.
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