Ostdeutsche Behörden unter westdeutscher Anleitung

Wer Gesetze kennt, weiß: Entscheidend ist die Umsetzung. Denn oft haben die zuständigen Staatsbediensteten dabei einigen Ermessensspielraum. Eine Handlungsfreiheit, die aus verschiedenen Gründen bestehen kann: Beispielsweise wäre eine allgemein formulierte Gesetzesvorgabe zu ungerecht im Einzelfall — die Beamtinnen und Beamten müssen also den Geist des Gesetzes und den Anspruch im konkreten Fall zusammen denken. Eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe, die auch davon abhängig ist, inwieweit man mit der Lebenswirklichkeit der Menschen in einer bestimmten Region vertraut ist. Ansonsten könnte man sich schließlich gleich auf den Wortlaut eines Gesetzes verlassen.

Diese lange Einleitung soll übrigens nur dazu dienen, dieses Zitat aus einem Artikel des Berliner Tagesspiegels einzuordnen:

Eine Erhebung unter den Ministerien und Staatskanzleien der fünf neuen Bundesländer ergab, dass drei Viertel aller Abteilungsleiter dort aus Westdeutschland stammen. Nur ein Viertel von ihnen wuchs in Ostdeutschland auf. „Das ist viel weniger, als ich gedacht hätte“, sagt Werner J. Patzelt, Politikwissenschaftler an der TU Dresden.

Der Titel des dazugehörigen Artikels lautet übrigens „Osten wird von westdeutschen Beamten beherrscht“. Das erscheint mir dann doch etwas hart. Förderlich fürs Image des Westens ist dies gleichwohl nicht, klingen mit diesen Zahlen (Brandenburg: 82% der Abteilungsleitenden haben eine westdeutsche Herkunft) doch Elemente einer Fremdherrschaft an. Ganz zu schweigen von einer Gleichberechtigung von Ost und West 23 Jahre nach der deutschen Einigung.

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