DDR-Frauen, Missbrauch, Verunsicherung

Frisch aus den Medien: Drei aktuelle Beiträge zur Darstellung und Wahrnehmung Ostdeutschlands in der Öffentlichkeit.

Kaum sichtbar: Die Erfahrungen von Frauen aus der DDR

In ihrem aktuellen Film porträtiert Sabine Michel aus Dresden die Politikerinnen Manuela Schwesig, Yvonne Magwas, Anke Domscheit-Berg und Frauke Petry. Bei saechsische.de sagt sie im Interview:

In der DDR sozialisierte Frauen haben natürlich andere Erfahrungen gemacht, und ich würde mir wünschen, dass eben diese Erfahrungen stärkere Bestandteile im gesellschaftlichen Diskurs wäre. Und das es tiefer im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert wäre, dass die DDR ein Gleichstellungsexperiment durchgeführt hat, in der vieles für Frauen nachweislich besser funktioniert hat, anderes aber auch nicht. Zum Beispiel gab es in der DDR dadurch, dass die allermeisten Frauen in Vollzeit gearbeitet und sich zusätzlich um die Erziehung gekümmert haben, eine Mehrfachbelastung. Das Problem hat auch unsere heutige Gesellschaft nicht gelöst: Menschen mit Kindern sind strukturell benachteiligt, finanziell, zeitlich und karrieremäßig.

Tabu-Thema: Sexueller Missbrauch in Kliniken der DDR

Unter dem Vorwand, sie litten unter sexuell übertragen Krankheiten wurden in der DDR tausende Frauen in Kliniken eingewiesen — und misshandelt. Die Deutsche Welle nimmt sich des Themas an:

Es ist schwierig, genau zu beziffern, wie viele Frauen und Mädchen solche Torturen erlitten. Die Zahl geht in die Tausende — bis zu 5.000 allein in der Stadt Halle. Während die weit verbreiteten Misshandlungen in den Kinderheimen und so genannten Jugendwerkhöfen der DDR gut erforscht und dokumentiert sind, ist über die Vorgänge in den „Venerologischen Stationen“ nur wenig bekannt.

„Es ist ein besonders dunkles Kapitel der Geschichte. Niemand will wirklich davon hören“, sagt Christine Bergmann, Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs und die einzige Person in der Kommission, die in der DDR geboren und aufgewachsen ist.

Verunsicherungen im Osten – jetzt auch im Westen

Die Überschrift des Artikels auf 24rhein hat einen reinen Ost-Fokus („Warum viele Ostdeutsche so verunsichert sind – und damit anfällig für Extremismus“) — macht dann aber einen überraschenden Schwenk auf Westdeutschland: 

Man hat sich dran gewöhnt: Der Westen Deutschlands ist der Motor von Entwicklungen, hier spielt die Musik, wird Wohlstand generiert, Zukunft gestaltet. Der Osten? Na ja, hinkt halt hinterher, immer davon bedroht, abgehängt zu werden. Doch in einem Bereich verzeichnen wir seit Jahren eine Schubumkehr, hier geht der Osten voran, setzt den Trend:

Mit dem wachsenden Erfolg der AfD haben die sogenannten Neuen Länder eine Lokomotivfunktion, dort ist die selbsternannte Alternative für Deutschland über weite Strecken schon Volkspartei.

„Vor 33 Jahren sind die damaligen DDR-Bürger in einen Zug nach Deutschland eingestiegen, aber viele sind da nie angekommen“, beschreibt Sergej Lochthofen die Entwicklung mit einem Bild. … Die veränderte Wirklichkeit habe diejenigen Teile der Bevölkerung überfordert, für die Sicherheit und Überschaubarkeit vor Freiheit rangierten, die in Demokratie und offener Gesellschaft eher eine Bedrohung sähen. Ihre Prägung durch den DDR-Staat habe sie zudem anfällig für autoritäre Muster gemacht, für rechtspopulistisches und rechtsextremes Gedankengut.

Möglicherweise erleben wir im Westen gerade – zeitverzögert – auch eine große Verunsicherung. Die Welt, wie wir sie vielleicht in der Kindheit wahrgenommen haben, löst sich auf. … Da kommt ein politisches Angebot wie das der AfD gerade recht, verspricht es doch, eine unrealistisch verklärte Vergangenheit wieder herzustellen: Ohne Globalisierung und Migration, hierarchisch geordnet, sozial gesichert. Schon ein flüchtiger Blick in Archive zeigt, dass es eine solche Vergangenheit nie gab – außer in Bullerbü.

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