Nichts Wissen im Westen über Merkel

Im Wahlkampf geschehen ja immer die interessantesten Dinge. Was sich nun aber um die Veröffentlichung der Merkel-Biographie „Das erste Leben der Angela M.“ ereignet, lässt sich nur in einem Wort zusammenfassen: Unwissen.

Die westdeutsch sozialisierten Autoren Günther Lachmann und Ralf Georg Reuth haben dabei das Wunder vollbracht, die x‑te Biographie über die Bundeskanzlerin zu einem Thema in den Medien zu machen. Der Kniff: Sie stellen die Jahre Angela Merkels vor dem Mauerfall in den Mittelpunkt — die Mystik der DDR zieht offenbar noch immer.

Dabei offeriert die Lebensgeschichte nichts wirklich Neues, auch wenn die aufgeregten Medienstimmen anderes vermuten lassen. Dahinter steckt eben: Unwissen. Unwissen, dass die Kanzlerin bereits in dem 2004 erschienen Buch „Angela Merkel — Mein Weg. Ein Gespräch mit Hugo Müller-Vogg“ darauf verwiesen hatte, dass das Thema FDJ Teil ihre Lebens sei:

„Das ist bekannt, da habe ich nichts zu verbergen.“ Sie sei Kulturbeauftragte der FDJ für ihre Gruppe an dem Institut gewesen: „Ich kann mich nicht erinnern, in irgendeiner Weise agitiert zu haben.“ Zugleich hatte sie betont, sie sei keine Widerstandskämpferin oder Bürgerrechtlerin gewesen.
(zitiert nach Märkische Allgemeine Zeitung)

Es zeugt aber auch von Unwissen darüber, wie die DDR funktioniert hat. Was dazu führt, dass der Focus seiner Leser_innenschaft eine Lehrstunde geben muss: „FDJ, FDGB und DSF: Wie die DDR die Massen organisierte“.
Und was dazu führt, dass Werner Schulz, Politiker von Bündnis90/Die Grünen*, Angela Merkel in einem Zeit-Artikel verteidigt. Mitten im Wahlkampf.

Wie gesagt: Es geschehen interessante Dinge — insbesondere, wenn Westdeutschen die DDR erklärt werden muss.

 

* Auf der Seite der Zeit wird Werner Schulz als „Grüner“ bezeichnet. Damit wird der Anteil ostdeutscher Oppositioneller an der Partei marginalisiert, die am 14. Mai 1993 neugegründet wurde: Bündnis 90/Die Grünen.

Danke an Mareen für den Hinweis!

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