Die neue Mauer für den Westen: Das Ostthema

Die Journalistin Sabine Rennefanz und der Nazi Uwe Mundlos haben im gleichen Alter den Mauerfall erlebt. Rennefanz vergleicht nun Lebensstationen von Mundlos mit ihrer eigenen Biographie — und kommt zu einigen Erkenntnissen, die von der klassischen „Die DDR-Erziehung ist schuld“-Erklärung abweichen.

Dabei tut sie etwas sehr nahe liegendes: Sie nimmt Erlebnisse nach der Zeit der politischen Wende in den Blick und zeigt auf, wozu Unsicherheiten, fehlende Vorbilder und der Wunsch nach einem klaren Weltbild führen können. Der Text ist unter der Überschrift „Uwe Mundlos und ich“ in der Berliner Zeitung erschienen.

Das Fazit von Rennefanz verweist auf ein weiteres Problem: Der Westen Deutschlands hat bereitwillig Vorfälle in den neuen Ländern aufgegriffen, um verschiedene Probleme — Rechtsextremismus, Kindstötung — als Ostprobleme darzustellen. Für gesamtdeutsche oder gar westspezifische Probleme ist da kein Platz:

Die einzige Partei, die über die Jahre immer wieder wegen der rechten Tötungsverbrechen bei der Bundesregierung nachgehakt hat, war die Linkspartei. SPD und Grüne haben sich wenig für das Thema interessiert. Ist ja auch ein Ost-Thema, das nichts mit dem Westen zu tun hat.

Diese Haltung ist verbreitet und bequem, sie hat den Vorteil, dass man sich selbst nicht hinterfragen, sich nicht ändern muss. Es ist wie eine neue Mauer, die zwanzig Jahre nach der Einheit wieder hochgezogen wird. Eine Mauer, hinter der sich die Westdeutschen verstecken können.

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